Weltreise 2008 + Südamerika 2019

 

Freitag, 04. Juli 2008

 

Es hat uns kalt erwischt !

 

Von Peru haben wir bei strahlend blauem Himmel und frühlingshaften Temperaturen Abschied genommen, um nach einem knapp halbstündigen Flug mit zweifelhaftem Fluggerät, welches von der chilenischen Billig-Fluggesellschaft Sky Airways wohl direkt nach dem zweiten Weltkrieg erworben wurde (erst fiel mein Sitz auseinander, dann die Deckenverkleidung herab), im grauen chilenischen Küstennebel von Arica zu landen.
Endlich die eigene Biermarke (leider in Chile alles "Lager"-Bier statt "Pilsener" in Peru / Ecuador

Arica wurde uns in unserem Reiseführer als netter Küstenort angekündigt, in dem man unbedingt ein paar Tage verweilen sollte. Tatsächlich hat die Stadt außer endlos grauen Sandstränden und einer belebten Fußgängerzone mit ein paar guten Geschäften wenig zu bieten, jedenfalls im hiesigen Winter, wenn über der ohnehin grauen Wüstenlandschaft tiefe Nebelwolken hängen. Entgegen unserer ursprünglichen Absicht haben wir deshalb bereits am nächsten Tag wieder unsere Sachen gepackt, unser verkehrsumtostes Hotel verlassen und uns mit dem Bus nach Iquique, der Verwaltungshauptstadt des chilenischen Norden, aufgemacht.

Ebenfalls an der Pazifikküste, etwa 320 km südlich von Arica gelegen, verbreitet Iquiqui eine wesentlich nettere Atmosphäre. Hier gab es vor allem Sonnenschein und zudem eine schöne, kilometerlange Strandpromenade, die ideal zum Joggen war. Außerdem haben wir zum Schnäppchenpreis (über Internet Radisson) ein komfortables Hotel mit spektakulärer Aussicht auf Meer, Klippen und Sonnenuntergang aufgetan, wo wir es uns vier Tage so richtig bequem machen konnten. In der Stadt waren kaum ausländische Touristen anzutreffen, der Aufenthalt war deshalb ein guter Einstieg ins chilenische Leben.

Man merkt, dass das Land viel wohlhabender ist als Ecuador oder gar Peru. Die Essens- und Supermarktpreise liegen nur knapp unter unserem Niveau, dafür bekommt man aber auch eine ausgezeichnete Qualität. Insbesondere Fleischliebhaber kommen hier voll auf ihre Kosten und die Portionen sind exorbitant. Zu meinem persönlichen Entzücken haben die Chilenen auch nicht das englische Pappbrot adoptiert, es gibt hier richtig gute Brötchen, vom süßen Naschwerk ganz zu schweigen. Auf unser Gejammere über kneifende Hosen und spannende T-Shirts meinte ein Chilene nur ganz trocken, man verlasse Südamerika nie ohne ein paar Kilo mehr auf der Waage. Wie wahr, zumal das Reisen die Möglichkeiten sportlicher Betätigung doch stark einschränkt.

 

Aber zurück nach Iquique. Die Stadt hat durchaus auch ihre Schattenseiten. In den Randbezirken schlängeln sich viele ärmliche Hütten die steilen Hänge hoch, während sich küstennah die Villen und Wolkenkratzer (Miami lässt grüßen) aneinander reihen. Chile ist mehr noch als Ecuador oder Peru ein Land der Gegensätze von Arm und Reich. Es gilt aber als relativ sicher, was das Reisen angenehm macht. Die Leute sind sehr daran interessiert, dass Auswärtige einen möglichst guten Eindruck von Land und Leuten erhalten. Alles ist wohl organisiert bis hin zu einer Neigung, alles Mögliche zu kontrollieren und zu überwachen, was nicht so ganz nachvollziehbar (ein Relikt aus diktatorischen Zeiten?) und weniger angenehm ist. Bei jeder Busfahrt wird eine Liste der Passagiere mit Passnummern erstellt, die von der Polizei kontrolliert wird – teilweise werden sogar die Personaldokumente dafür eingesammelt.

 

Als erwartungsgemäß von Spanien geschlagener Vizeeuropameister (die Sympathien der Chilenen konnten wir beim Endspiel nicht so recht ausmachen) haben wir uns dann am 30. Juni wieder aufgemacht und sind mit dem Bus ins Hochland gefahren und in der trockensten Wüste der Erde gelandet, der Atacama, einem riesigen, im Osten von gewaltigen Andengipfeln begrenzten Hochplato. Und hier in San Petro de Atacama, auf 2.400 Metern Höhe hat es uns dann – wie angekündigt – wirklich kalt erwischt. Hier ist momentan Winter und die nächtlichen Temperaturen können in der Wüste bis auf minus 25 Grad Celsius heruntergehen. Ganz so schlimm war es bisher in San Pedro nicht, minus 8 bis 10 Grad haben wir aber schon gehabt. Der in der Nähe unseres Hostals vorbeifliessende Fluss ist morgens regelmäßig zugefroren. Berücksichtigt man, dass hier Heizungen eher unbekannt und die meisten Restaurants recht luftig  und mit offenen Innenhöfen gebaut sind, ist dies nicht wirklich angenehm. Das einzige Mittel gegen die nächtliche Kälte besteht darin, so ziemlich alle Kleidungsstücke, die man mit sich führt, übereinander zu ziehen, und sich von Jacken, Handschuhen und Mützen möglichst auch nicht beim Essen zu trennen. Wir haben allerdings insoweit Glück, als man uns in unserem Hostal einen kleinen Heizstrahler zur Verfügung stellte, der sich tapfer bemüht, die Zimmertemperatur auf halbwegs erträgliche Temperaturen zu bringen. Trotzdem, der einzige wirklich gemütliche Ort in unserem Zimmer ist das warme, mit dicken Daunendecken  ausgestattete Bett.

 

Tagsüber scheint aber die Sonne vom strahlend blauem Himmel. Die Landschaft schimmert in Braun- und Gelbtönen, abends unmittelbar nach Sonnenuntergang ist dann alles in einen roten Farbton gehüllt. Ich liebe ja Wüstenlandschaften, und diese hier ist mit ihren Salzseen, Gebirgslagunen, weißen Tuffsteintälern und von Andengletschern gespeisten Flussläufen besonders reizvoll. Es gibt hier ein unübersehbares Angebot an organisierten Ausflügen in die Umgebung und damit ausreichend Gelegenheit, diese abwechselungsreiche Landschaft kennen zu lernen, wobei uns persönlich bisher der Ausflug zu den Andenlagunen Miscanti und Miniques besonders gut gefallen hat. Grandios, wie sich in den blauen, teils zugefrorenen Gletscherlagunen die knapp 6.000 Meter hohen Eisriesen spiegeln. Hoffentlich vermitteln unsere Bilder einen guten Eindruck. Ein weiteres Highlight ist hier zweifellos der nächtliche Sternenhimmel. Es gibt kaum einen Ort in der Welt, wo die Luft so klar ist, wie in der Atacama-Wüste, weshalb sich hier auch jede Menge Astronomie-Begeisterte mit ihren Teleskopen tummeln. Die Milchstraße ist zum Greifen nahe, wäre es nachts nicht so kalt, könnte man stundenlang voll Entzücken in den Sternenhimmel schauen. In der Nähe betreibt ein Franzose ein Planetarium, dass wir uns am Sonntagabend anschauen und wo wir dann hoffentlich näher darüber info rmiert werden, welche Planeten im Einzelnen zu sehen sind.


Freitag, 11.07.2008

   

Und es sollte noch kälter kommen. Am Samstagmorgen ging es zu nachtschlafender Zeit (4.30 Uhr) zu den auf 4.320 Metern Höhe gelegenen Geysers del Tatio. Bei frischen minus 15 Grad (gefühlten minus 20 Grad angesichts des frischen Windes) stapften wir zwischen brodelnden Wasserlöchern und empor schießenden Fontänen über den sonst eiskalten Boden bis Hände und Füße eingefroren waren und ziemlich weh taten, was die romantische Szenerie um uns herum doch arg beeinträchtigte. Da konnte auch das knapp nach Sonnenaufgang im Freien eingenommene Frühstück bestehend aus trockenem Toastbrot, tiefgefrorenem Käse und lauwarmem Nescafé nicht trösten, und wir waren froh, als es weiter ging zu den Banos de Puritama, heißen Thermalquellen, die in einem mit Schilf bewachsenen Tal in glasklare Badebecken hervorsprudeln. Durchgefroren wie wir waren hätten wir uns das knapp 30 Grad warme Wasser fast noch etwas wärmer gewünscht.

 

Die am Sonntagabend erfolgte Besichtigung des nächtlichen Sternenhimmels über der Atacama war dagegen fast schon angenehm, obwohl der knapp zweistündige Aufenthalt im Freien auch nicht gerade als moppelig warm bezeichnet werden kann. Ein Franzose betreibt dort ein Observatorium und man kann über sieben verschieden ausgerichtete Teleskope z.B. die Mondoberfläche, den rötlichbraunen Mars, den Saturn mit seinem Ring und diverse andere Sterne bzw. Sternkonstellationen bewundern. Dazu gab es recht launige Erklärungen über das Universum, die Wanderung der Gestirne, schwarze Löcher usw. sowie zum Schluss – welch ein Segen – eine heiße Tasse extrem süßer Schokolade.

 

Am Montag haben wir dann – ziemlich ausgelaugt von den extremen Temperaturwechseln, der knallenden Sonne tagsüber, dem Frost in der Nacht sowie der äußerst trockenen Wüstenluft – Abschied genommen von San Pedro und sind ca. 100 km weiter westlich nach Calama gereist, wo die weltweit größte Kupfermine, namens Chuquicamata, zu besichtigen ist. Die Mine hat drei Abbaustellen, wobei das größte Loch 5 km lang, 3 km breit und knapp 1 km tief ist und angeblich aus dem Weltraum zu sehen sein soll, was ich nicht so recht glauben kann, denn über allem liegt eine monströse Staubwolke. Die „LKW“ sind riesig und die größten kommen aus Deutschland (Liebherr : 8 m breit, 260 Tonnen Leergewicht, 400 Tonnen Zuladung, 3.000 PS, Kosten 4 Mio. Dollar). Insgesamt 94 LKW und 12 Abbaubagger sind in der Mine rund um die Uhr im Einsatz. Chile ist der größte Kupferproduzent der Erde (20%) und die Mine ist der Grund für den – gemessen an südamerikanischen Verhältnissen - relativen Wohlstand des Landes, der allerdings auch hier sehr ungleich in der Bevölkerung verteilt ist.

 

Seit Mittwoch sind wir in Santiago de Chile. Der Flug hierhin war grandios, die ganze Zeit mit freier Sicht auf die Anden. Nur über Santiago hängt eine für die Jahreszeit (hier ist jetzt Winter) typische Dunstglocke. Die Stadt ist grau (was im Sommer anders sein mag) und es fehlt jedes städtebauliche Konzept. Selbst in der historischen Altstadt stehen potthässliche Platten- neben kolonialen Prachtbauten. Hervorzuheben ist aber auch hier die ausgesprochen gute chilenische Küche. Ich würde mich sogar zu der Aussage hinreißen lassen, bisher in keinem Land so gut gegessen zu haben wie hier, wobei alles auch immer recht hübsch angerichtet ist (das Auge ist auch mit). Aber gutes Essen hin und her, morgen geht´s ab für vier Tage auf die Osterinsel und dann weiter nach Französisch Polynesien. Dort müssen wir zwar wahrscheinlich den Gürtel etwas enger schnallen, denn die Preise dort scheinen astronomisch zu sein, dafür ist es aber hoffentlich warm.    

n Eindruck. Ein weiteres Highlight ist hier zweifellos der nächtliche Sternenhimmel. Es gibt kaum einen Ort in der Welt, wo die Luft so klar ist, wie in der Atacama-Wüste, weshalb sich hier auch jede Menge Astronomie-Begeisterte mit ihren Teleskopen tummeln. Die Milchstraße ist zum Greifen nahe, wäre es nachts nicht so kalt, könnte man stundenlang voll Entzücken in den Sternenhimmel schauen. In der Nähe betreibt ein Franzose ein Planetarium, dass wir uns am Sonntagabend anschauen und wo wir dann hoffentlich näher darüber info rmiert werden, welche Planeten im Einzelnen zu sehen sind.   


Mittwoch, 16.07.2008


Wir warten auf den Abflug nach Pape´ete, Tahiti. Vorgesehen ist er für 21.00 Uhr, es ist aber bereits jetzt klar wie Kloßbrühe, dass es wohl etwas später losgehen wird. Der Flug dauert 6 Stunden. Da Tahiti 4 Stunden zeitlich zurück ist, werden wir so um 23:00 Uhr Ortszeit dort landen.


Hinter uns liegen 4 Tage Osterinsel (Isla de Pascua), ein kleines Eiland von 117 Quadratkilometern, abseits von allem und bekannt als die einsamste Insel der Welt. Die nächste Insel liegt 2.500 km weit entfernt. Bereits der Hinflug war merkwürdig, 3.750 km von der chilenischen Küste aus nur über Wasser. Immerhin gab es ein kostenloses Upgrading in die Business-Class, wo wir uns bei erstaunlich kargem Essen (entgegen aller Essgepflogenheiten in Chile achtet die einheimische Fluggesellschaft Lan sehr auf die Linie ihrer Passagiere) immerhin schön ausstrecken konnten.

 

Die Osterinsel ähnelt einem Dreieck, die Eckpunkte werden von erloschenen Vulkanen gebildet. Dazwischen sanfte, grasbewachsene Hügel, ebenfalls vulkanischen Ursprungs, mit hunderten freilaufenden Pferden. Die Insel wurde irgendwann einmal komplett abgeholzt und ist nur an wenigen Stellen wieder aufgeforstet. Drumherum eine wilde, bizarre Küstenlandschaft mit tosender Brandung. Das eigentlich Faszinierende an der Insel sind aber ihre kulturellen Denkmäler, insbesondere die Moais – riesige stilisierte Steinfiguren -, und die vielen Spekulationen und Mythen, die sich um die Besiedlung und gesellschaftliche Entwicklung der Insel drehen. Es gibt zwar eine eigene Schriftsprache der Rapa Nui (so der einheimische Name der Insel und ihrer Bewohner), die sog. rongo rongo-Schrift, bisher ist es jedoch noch nicht gelungen, diese Sprache zu entziffern. Die wenigen Schriftgelehrten sollen im 18. Jahrhundert als Sklaven von der Insel verbracht worden sein, danach ist der Gebrauch der Schrift untergegangen. Man vermutet, dass die Insel zwischen 450 und 1.400 n.Chr. besiedelt wurde, nach überwiegender Ansicht von Polynesiern, während Thor Heyerdahl die Inkas für die ersten Einwanderer hielt, was er mit seiner berühmten Expedition mittels eines selbstgebauten Floßes aus Balsaholz von Peru aus unter Beweis stellen wollte. Leider ist er dabei auf den Marquesas-Inseln gelandet. Die grobe Richtung stimmte aber. Jedenfalls datiert man die Blütezeit der Moais auf etwa 1.100 n.Chr. Die mächtigen, auf Altären, den sog. Ahus, errichteten Figuren blicken überwiegend landeinwärts und dienten dem Ahnenkult, wobei die größten noch stehenden Moai knapp 10 Meter hoch und bis zu 20 Tonnen schwer sind. Sie wurden alle aus dem Felsen eines bestimmten Vulkans, dem Rano Raraku, geschlagen und auf höchst umstrittene Weise (Theorien gibt es viele : auf einem Schlitten, mittels Seilen geschaukelt, auf Hölzern gerollt usw.) viele Kilometer bis zu ihrem jeweiligen Aufstellungsort verbracht und dort mit Augen und aus rotem Tuffstein bestehenden riesigen Hüten versehen. Im Zuge eines legendären Stammeskampfes zwischen den älteren, bis dahin dominanten Besiedlern der Insel (den sog. Langohren) und späteren Einwanderern (den sog. Kurzohren), den die Kurzohren für sich entscheiden konnten, wurden die Moais nahezu vollständig zerstört und erst in der Neuzeit teilweise wieder aufgebaut. Mit dem Sieg der Kurzohren kam dann der sog. Vogelmann-Kult. Der Vogelmann, eine Art hoher Priester, wurde alljährlich in einem Wettkampf ermittelt, bei dem die besten Krieger einer jeden Sippschaft die 300 Meter steil herab fallende Klippe des Vulkans Rano Kau herunterklettern, durch die tobende Meeresbrandung auf eine vorgelagerte Felseninsel (die sog. Vogelinsel) schwimmen, dort auf die Ankunft der schwarzen Seeschwalbe warten, das erste frisch gelegte Ei derselben ergattern und dieses dann noch heil über Brandung und Felsen auf die Osterinsel in das Zeremoniendorf Orongo bringen mussten. Stellt man sich diese Prozedur an Ort und Stelle vor, kann man eine solche Leistung kaum glauben. Wer weiteres über all diese Geschichten und Mythen wissen möchte, dem sei der Film Rapa Nui von Kevin Kostner zur hollywoodliken Anschauung empfohlen.


Ansonsten waren die Tage auf der Osterinsel, die mit dem Auto oder auch dem Fahrrad schnell umrundet werden kann (die Insel ist übrigens auch ideal zum Joggen und Wandern), sehr beschaulich, wenn auch durch ein paar gesundheitliche Malaisen beeinträchtigt (Bernhard hat sich ausgerechnet an seinem Geburtstag beim Motorradfahren den Fuss schlimm verstaucht und ich mir eine heftige Magenverstimmung eingefangen). Das Dorf Hanga Roa, in dem nahezu alle der knapp 4.000 Einwohner der Insel wohnen und sich auch alle touristischen Facilities befinden, ist eine bunt zusammen gewürfelte Ansammlung kleinerer Holz- und Steinbungalows. Richtig große Hotelanlagen gibt es bislang noch nicht, obwohl fast die ganze Insel vom Tourismus lebt. Alles geht seinen gemütlichen Gang. Man trabt mit seinem Pferdchen über die Dorfstraße, grüßt alle freundlich – ob Nachbar oder Fremden – und nutzt gerne jede Gelegenheit zu einem Schwätzchen, auch wenn der Gesprächspartner des Spanischen nicht so mächtig ist, Hauptsache man bestätigt mit erhobenem Daumen (ein in ganz Chile gern gesehenes Zeichen), dass es auf der Osterinsel respektive in Chile ganz wunderbar ist. Nach vier Tagen erkennt man einen Großteil der Einheimischen wieder, die Touristen sowieso, denn die waren mehr oder weniger alle im gleichen Flieger.