Weltreise 2008 + Südamerika 2019

Seit dem 20. November 2008 sind wir jetzt in Kambodscha. Zunächst ging es mit dem Flugzeug von Bangkok nach Siem Reap, dem Ausgangspunkt für die berühmten Tempelanlagen von Angkor. Zu unserem Glück hatte das eigentlich von uns gebuchte Guesthouse unsere Buchung verschusselt, so dass sie sich gemüßigt fühlten, uns zum gleichen Preis schon mal zum Probewohnen in ihrem demnächst zu eröffnenden 5 Sterne Haus unterzubringen. Die Anlage lag zwar etwas außerhalb der Stadt zwischen Reisfeldern, Entenfarmen und mehr oder weniger vornehmen Khmerhäusern (auf hohe Stelzen gebaute, meist reichlich verzierte Holzhäuser mit großen Terrassen, in denen mehrere Generationen einer Familie zusammenleben, während unter dem Haus das Vieh untergebracht ist), dafür gab es einen schön dekorierten Bungalow, einen riesigen Pool und ein ausgezeichnetes, gar nicht teueres Restaurant.

Die ca. 100 Angestellten, die wir während unseres Aufenthaltes zu Gesicht bekamen, konnten sich mangels anderer Gäste nahezu vollständig uns widmen, was zu teils komischen Situationen führte, weil sie weder für einen Hotelbetrieb - schon gar nicht für ein 5-Sterne-Haus - ausreichend ausgebildet, noch des Englischen hinreichend mächtig waren. Man sprach uns zwar häufig in perfektem Englisch an, sobald wir aber darauf in Englisch antworteten, war die Verwirrung groß. Es dauerte einige Zeit, bis wir mitbekommen haben, dass die englischen Sätze schlicht auswendig gelernt, inhaltlich aber nur unvollständig und unsere Antworten darauf überhaupt nicht verstanden wurden. Dies zuzugeben ist aber für einen Kambodschaner absolut undenkbar, so dass wir zunächst immer im Glauben waren, die von uns geäußerten Wünsche seien richtig angekommen und alles gehe seinen geordneten Gang, bis dann das Chaos ausbrach. So wurde uns beispielsweise an unserem Ankunftstag ein leckerer Mojito kredenzt, als wir diesen zwei Tage später wieder trinken wollten, brachte der für die Zubereitung zuständige Kellner Eiswasser mit ein wenig Minze und Limonenscheiben. Auf unseren Hinweis, dass doch wohl der Alkohol und etwas Zucker fehlten, verschwand er etwa eine halbe Stunde, während derer eifriges Geschnatter aus der Küche zu vernehmen war und kam schließlich mit zwei Gläsern zurück, deren Inhalt schmeckte wie zuvor, nur war das Eis aus dem Glas entfernt worden. Es war ihm weder möglich, sich ohne Gesichtsverlust bei seinen Kollegen nach der richtigen Rezeptur zu erkundigen, noch verstand er unsere Ratschläge, noch konnte er damit umgehen, dass wir das Eiswasser nicht trinken wollten. Als eine Freundin der Hotelbetreiber ein Glas Wein orderte, brachte ihr der zuständige Kellner ohne jegliches Problembewusstsein ein leeres Weinglas, ebenso wie wir (zwei Personen !) beim Frühstück mit nur einer Tasse Kaffee bedacht wurden. Wir haben Anthony, den australischen Manager der Anlage, oft bedauert, denn er hat noch ein hartes Stück Arbeit vor sich, bis der Laden läuft, und es macht es auch nicht einfacher, dass die Leute so sanftmütig und reizend und so froh darüber sind, Arbeit zu haben, so dass man am liebsten überhaupt keine Kritik äußern möchte. Abgesehen davon ist jegliche Kritik natürlich auch insoweit arrogant, als wir selbst bis heute kaum ein Wort der hiesigen Landessprache gelernt haben, und die Menschen in dem bis in die 90iger Jahre von einem ganz furchtbaren Bürgerkrieg gebeutelten Land (die Führungsriege der Roten Khmer hat sich erst 1999 ergeben) die westliche Lebensweise und westliche Bedürfnisse schlicht nicht kennen können. Ob das aber auch die künftigen 5-Sterne-Gäste so sehen, erscheint zweifelhaft.

 

Die Schulbildung in Kambodscha ist nach wie vor völlig unzureichend. Soweit es in den Dörfern überhaupt Schulen gibt, werden viele Kinder - nach meinem Eindruck vor allem Mädchen - von ihren Eltern nicht dorthin geschickt, sondern vielmehr dafür eingesetzt, Touristen auf der Straße etwas zu verkaufen. Gebettelt wird allerdings nicht so viel, jedenfalls haben wir in Asien schon schlimmeres erlebt. Viele Behinderte und Landminenopfer, die vom Staat keine Unterstützung erhalten, verdienen sich ihr Geld durch Musizieren, was auch für sie selbst wesentlich angenehmer sein dürfte, als das Mitleid erregende zur Schau stellen der Verkrüppelungen. Als Hinterlassenschaft des Bürgerkrieges ist das Land nach wie vor reichlich vermint, so dass es ratsam ist, sich nur auf eingefahrenen Wegen zu bewegen. Reisbauern können das naturgemäß nicht und Kinder erkennen die Gefahren nicht, weshalb es auch heute immer wieder noch zu schlimmen Unfällen kommt. Was mag nur in den Köpfen derjenigen vorgegangen sein, die ihre eigene Zivilbevölkerung, die schon vorher unter dem Bombenteppich der Amis im Vietnamkrieg und den Massakern der Roten Khmer gelitten hat, auch noch solch perfider und grausamer Tötungsmittel ausgesetzt haben ?

 

Trotz all dieser Umstände ist das Land aber keineswegs trist und bedrohlich. Die Menschen freuen sich, dass Touristen kommen und es wirtschaftlich bergauf geht. Kambodscha hat aber auch viel zu bieten. Da gibt es den riesigen, fischreichen Tonle See (Tonle Sap), der in der Regenzeit eine Fläche von bis zu 68.000 qkm einnimmt, und in der Trockenzeit auf 12.000 qkm zurückweicht und fruchtbares Schwemmland für den Reisanbau zurücklässt. Die Fischer leben in schwimmenden Dörfern, welche mit der Ausdehnung und dem Zurückweichen des Sees ihren Standort immer wieder verlagern. Es ist interessant, bei einer Bootsfahrt durch die Dörfer die Lebensgewohnheiten der Leute zu beobachten, denn das Leben spielt sich fast vollständig draußen auf schwimmenden Planken ab. Die Leute lassen sich von neugierigen Touristen auch nicht beeindrucken, sondern gehen gelassen ihren jeweiligen Beschäftigungen nach.

 

Der Höhepunkt des Landes, das mit seinen Reisterrassen und der üppigen Tropenvegetation auch sonst landschaftlich einiges zu bieten hat, sind natürlich die Tempelanlagen von Angkor (womit eigentlich eine bestimmte, vom 9. bis 13. Jahrhundert währende Periode gemeint ist). Dazu gehört nicht nur das berühmte Angkor Wat, welches zweifelsohne spektakulär, leider aber auch hoffnungslos überlaufen ist, sondern auf einer Fläche von ca. 300 qkm  hunderte von Tempeln ganz verschiedener Stilrichtungen. Wir haben uns in zwei Tagen nur einen Bruchteil davon ansehen können, was wegen der Ausdehnung der einzelnen Anlagen und der jeweiligen Besonderheiten des Baustils sehr anstrengend, aber faszinierend war. Dann mussten wir einen Endpunkt setzen, denn weitere Touren hätten unser Aufnahmevermögen bei weitem überstiegen. Ich persönlich fand vor allem die von mächtigen Baumwurzeln umklammerten Tempelanlagen von Ta Promh und Banteay Kdei, das von endlosen Reisfeldern umgebene East Mebon und der mit feinsten Reliefen verzierte, rötlich schimmernde Tempel Banteay Srei begeisternd. Angkor Wat und der von riesigen Stadtmauern umgebene Bayon sind gigantisch und beeindruckend in ihren Ausmaßen, aber leider zu jeder Tageszeit so von Touristen und fliegenden Händlern überlaufen, dass dort eigentlich keine für den wahren Tempelgenuss erforderliche, besinnliche Atmosphäre aufkommen kann.

 

Neben unserem harten Besichtigungsprogramm wurden wir zusätzlich durch das hautnahe Erleben einer kambodschanischen Hochzeit auf dem Nachbargrundstück unserer Hotelanlage gebeutelt, welche sich vor allem in brüllendlauter kambodschanischer Popmusik bemerkbar machte. Die Musikrichtung als solche ist schon Nerven zerreibend, in der dargebotenen Lautstärke grenzte sie an Folter, die zwar „schon“ abends um 23 Uhr endete, dafür aber um 5 Uhr morgens erneut begann. Gott sei dank dauerten die Feierlichkeiten nicht wie üblich 3 Tage, sondern nur 2 Tage in Folge, so dass wir uns noch einen Tag in der ansonsten ländlichen Ruhe unseres Hotels erholen konnten, bevor es mit dem Bus nach Phnom Penh weiterging, wo wir gerade versuchen, die Stadt einigermaßen stressfrei kennen zu lernen.

 

Auf den ersten Blick erscheint Phnom Penh, das in den 70iger Jahren für annähernd 4 Jahre vollständig von den Roten Khmer, die einen reinen Bauernstaat gründen wollten, geräumt und in wesentlichen Teilen zerstört worden war, eher unattraktiv. Es gibt viele verfallene Gebäude, etliche brach liegende Grundstücke, aber auch rege Bautätigkeiten. Auf den Straßen liegt viel Müll herum und der Verkehr ist wie in jeder asiatischen Großstadt chaotisch. Erst auf den zweiten Blick entwickelt Phnom Penh einen gewissen Charme mit seinen noch aus der französischen Kolonialzeit stammenden Villen, der im Vergleich zu Bangkok viel relaxteren Atmosphäre, seinen ausgesprochen guten Restaurants und einigen spektakulären Gebäuden wie dem Königspalast oder dem Nationalmuseum. Zur Zeit entsteht zudem eine schöne Uferpromenade entlang des Tonle Saps, auf der man bestimmt wunderbar promenieren kann. Es hat durchaus was, in den gemütlichen Ledersesseln des traditionsreichen Foreign Correspondents Clubs zu sitzen, einen Drink zu schlürfen und bei einer leichten Prise den Schiffen auf dem Fluss zuzusehen. Allerdings reichen uns 3 Tage Phnom Penh dann auch, zumal wir ohnehin keine Fans asiatischer Großstädte sind. Am Freitag geht es weiter an den Golf von Thailand nach Sihanoukville, wo wir hoffentlich ein wenig Strandleben genießen können. Anderen Reisenden geht es da nicht so gut. Viele die eigentlich ihre Rückreise antreten müssen, sitzen derzeit in Phnom Penh fest, weil der Flughafen in Bangkok, eines der Drehkreuze Asiens, von Demonstranten besetzt gehalten wird und von dort keine Flüge mehr rausgehen. Wir hoffen, dass sich die angespannte politische Situation in Thailand wieder beruhigt hat, bis wir Mitte Februar 2009 unseren Rückflug antreten müssen.

 

Auf unserer Busfahrt nach Sihanoukville mussten wir wieder das stundenlange Gedröhne weichgespülter kambodschanischer Popvideos unterbrochen von chinesischen Martial - Arts-Filmen über uns ergehen lassen. Ich habe kürzlich gelesen, dass ein New Yorker Richter Ruhestörer dazu verurteilte, sich eine Stunde wahlweise Barry Manilo oder den Soundtrack einer Kinderserie anzuhören. Ich wüsste da noch eine viel effektivere Strafe :

Eine Fahrt mit dem Überlandbus durch Kambodscha. Der Anblick des „Küstenbadeortes“ Sihanoukville war dann auch nicht geeignet, uns über die Strapazen der Anreise hinwegzutrösten. Das Stadtbild ist geprägt von Wellblechverschlägen und moderner „Asia-Architektur“, sprich 3- bis 4 stöckige, buntgemalte und mit reichlich Stuck verzierte Bauwerke mit bunten Spiegelglasfenstern, dazwischen kaum mal etwas Geschmackvolles. Gleichwohl werden eifrig Pläne geschmiedet, auch den westlichen Pauschaltourismus in die Stadt zu locken, was meiner Ansicht nach nicht nur wegen des fehlenden Flughafens und der daher mühevollen Anreise zum Scheitern verurteilt sein dürfte. Zugegeben, die Stadt kann mit einigen schönen Sandstränden aufwarten, der Hauptstrand ist aber in Stadtnähe so zugepflastert mit Restaurants, so überlaufen mit Händlern und so zugestellt mit Liegen  und Sonnenschirmen, dass einem die Lust am Sonnenbaden schnell vergeht. Jeder will eben seinen Anteil am Geld der Touristen haben. Verständlich, aber auf die Dauer nervig. Wir haben uns daher auf einen alt bewerten Trick besonnen und uns einfach auf den zu einem Luxusressort (bisher dem einzigen in Sihanoukville) gehörenden Privatstrand zurückgezogen. Dort war Ruhe und Frieden und es handelte sich zudem um den schönsten Strand der Stadt.

 

Gewohnt haben wir allerdings weniger feudal. Dafür durften wir das Etablissement aber mit einer russischen Reisegruppe teilen und hatten zudem wiederum das Vergnügen, von einer kambodschanischen Hochzeit beschallt zu werden. Als diese endlich ihr Ende fand, hatten sich die Russen soweit von ihrem Timelack erholt, dass sie sich gemüßigt fühlten, uns nachts um 24:00 Uhr noch einige Stücke russischen Liedgutes dar zu bieten. Die Stimmen waren gar nicht mal schlecht, nur Ort und Uhrzeit waren irgendwie unpassend.

 

Wir hatten allerdings auch ein paar Highlights während unsers Aufenthaltes in Sihanoukville. Ausgerechnet dort haben wir unser erstes griechisches Restaurant  seit New York City ausfindig gemacht. Dort gab es tatsächlich Ouzo und das Tsatziki war gar nicht mal schlecht. Überhaupt kann sich die in Sihanoukville ansässige multikulturelle Restaurantszene durchaus sehen lassen. Offenbar sind einige, vornehmlich männliche Herrschaften aus dem Westen der Liebe oder finanzieller Beweggründe wegen in dem Nest gestrandet und betreiben nun ihr Business in der Gastronomie.

 

Angebracht wäre aber auch eine Verbesserung des Wäschereiwesens. Als wir – was wirklich unaufschiebbar war – unsere Wäsche bei der nächstgelegenen Laundry abgaben, kündigte man uns bereits Handwäsche an, mit der Begründung dies sei besser als mit der Maschine gewaschen. Damit dass die Kleidungsstücke hinterher aber aussahen, als seien sie im nächst gelegenen Fluss gewaschen, von Hand ausgewrungen, in der Sonne knochentrocken getrocknet und ungebügelt zurückgereicht werden, haben wir bei dem vereinbarten recht stolzen Preis aber nicht gerechnet. Man lernt ja nie aus, Gott sei Dank waren nicht allzu viele helle Sachen dabei.

 

Nach dieser Dröhnung „Asia-Urlaub“ pur brauchten wir ein wenig Erholung, die wir in dem an der Grenze zu Vietnam gelegenen Kep fanden. Kep kann zwar nicht mit schönen Stränden aufwarten. Die findet man nur auf den vielen nahe gelegenen, vor gelagerten Inseln. Dafür ist die Landschaft drum herum schön grün und das Klima sehr angenehm. Nicht umsonst war Kep in den 60iger Jahren ein mondäner Badeort der in Phnom Penh lebenden Franzosen, die hier auf riesigen Grundstücken wunderschöne Kolonialvillen errichteten und breite Prachtstraßen und eine schöne Promenade am Meer anlegten. Von der Herrlichkeit ist Dank des Zerstörungswerkes der roten Khmer heute nicht mehr viel übrig. Die Villen verfallen vor sich hin, auf der Uferpromenade sprießt das Unkraut. Das alles hat aber einen durchaus morbiden Charme und es haben sich auch schon die einen oder anderen Westler (wen wundert´s : vorzugsweise Franzosen) gefunden, die die alten Baulichkeiten wieder herrichten. Wir haben weniger herrschaftlich in einem Holzbungalow mit tollem Blick auf die Landschaft und das Meer gewohnt und vor allem die Ruhe genossen. In der kleinen Lodge tummelte sich ein weit gereistes Völkchen und man hat uns insbesondere Laos als Reiseziel schmackhaft gemacht.

 

Nach zwei Tagen Erholung ging es dann weiter über einen winzigen Grenzübergang, wo wenig Aufhebens mit den Einreiseformalitäten gemacht wurde, auf die vietnamesische Seite nach Ha Tien. Leider ist die Transportfrage an diesem Grenzübergang eher unzureichend gelöst, was uns bei den erfindungsreichen und in der Regel gut organisierten Vietnamesen eher wundert. So wurden wir vor der Grenze von unserem in Kep angeheuerten Taxi abgesetzt und mussten uns dann mit unserem ganzen nicht unerheblichen Gepäck hinter den jeweiligen Fahrer auf zwei Mopeds klemmen, um nach Ha Tien transportiert zu werden.