Weltreise 2008 + Südamerika 2019

Donnerstag, 08.05.2008

 

Seit fünf Tagen sind wir nun auf Segeltour zwischen den Galápagos Inseln (auf Seekarten „Enchanted Islands“). Wir sind eine bunt gewürfelte Truppe von 11 Leuten aus den USA, Australien, Argentinien, Frankreich und Deutschland sowie 6 Mann Besatzung aus Ecuador. Die Verständigung läuft auf englisch, eine angenehme Erholung  nach den Zeiten des mühsamen Radebrechens in Spanisch, die hinter uns liegen und bald wieder anbrechen werden.

 

Natürlich wurden die Landratten an Bord in der ersten Nacht mehr oder weniger seekrank (nicht alle, aber die meisten, so auch meine Wenigkeit), längerfristige Ausfälle sind seither jedoch nicht zu beklagen, mittlerweile finde ich es noch nicht einmal so unangenehm, im Schlaf geschaukelt zu werden (wenn der Schiffsmotor nur nicht so laut dröhnen würde). Allerdings war bisher auch noch kein strengerer Seegang (wenn es nach mir geht, kann es auch so bleiben). Überhaupt haben wir nach den eher feuchtkalten Tagen im ecuadorianischen Hochland bisher ausgesprochenes Glück mit dem Wetter. Temperaturen wie in der Karibik und kein Regen, obwohl hier im Mai eigentlich noch Regenzeit ist, d.h. ideales Wetter zum Photographieren. Und dafür gibt es wahrlich reichlich Gelegenheit : Vögel, vor allem Seevögel aller Art. So stolpert man auf der Insel Espanola nahezu über die seltenen Albatrosse, die die meiste Zeit ihres Lebens auf dem Wasser verbringen und nur zum brüten an Land kommen, wo sie sich wie betrunkene Seemänner bewegen.

Man sieht hunderte von Pelikanen und Möwen aller Art und Größen, z.B. welche mit blauen Schwimmflossen, die lustige Balztänze aufführen. Unzählige Land- und Seeleguane aalen sich wie archaische Drachen in der Sonne, Seiten an Seite mit Kolonien von Seelöwen. Dazwischen stapft der Mensch (es sind zahlreiche davon hier unterwegs) und das Erstaunlichste und Beeindruckenste überhaupt ist, wie gelassen alle Tiere auf uns reagieren. Sie lassen uns völlig ohne Argwohn an sich herankommen und haben dabei offenbar gar keinen Stress. Das ist das Ergebnis eines recht rigiden Naturschutzes. So dürfen Auswärtige die Inseln nicht ohne Tourguide besuchen.

Mit unserem Guide Mauricio haben wir - glaube ich - einen besonders guten Griff getan. Er ist zwar bei manchen Themen leicht erregbar, verfügt aber über viel Humor, Fussballbegeisterung (für mich nicht vorrangig wichtig) und vor allem über 25 Jahre Erfahrung als Guide und viel Engagement, wenn es um den Naturschutz auf „seinen Inseln“ geht. Bisher ist er noch keine Antwort zoologischer, botanischer oder historischer Art schuldig geblieben und er spricht vor allem vorzüglich englisch. Nur bei politischen Themen wird er leicht erregbar und verliert etwas den Boden der Realitäten. So befürchtet er nichts mehr als die bevorstehende Etablierung eines von Hugo Chavez unterstützten kommunistischen Systems und erzählte letzthin allen Ernstes, man plane in der Verfassung zu verankern, dass vernachlässigte Frauen ihre Ehemänner gerichtlich belangen könnten, was alle umsitzenden Seemänner mit ernsthaftem und entrüstetem Kopfnicken bestätigten. Nun ja, die Qualität der hiesigen, journalistischen Berichterstattung vermag ich nicht zu beurteilen, wohl aber, dass ein solches Gesetz absolut nicht justiziabel wäre. Aber ich bin nicht hier, um dies mit aufgebrachten ecuadorianischen Männern zu diskutieren.

 

Stattdessen verbringen wir unsere Tage, die - man glaubt es kaum - für uns um 6.30 Uhr morgens beginnen, mit Exkursionen auf die verschiedenen Inseln, ausgedehnten Schnorcheltouren (gesichtet wurden bereits Haie, Mantas, Seeschildkröten und - allerdings vom Boot her und nur kurz an der Oberfläche - auch Wale), faulem Abhängen auf dem Boot und ausgiebigem Essen (drei Mahlzeiten am Tag lassen ohne das gewohnte Lauftraining Schreckliches befürchten). Bisher ist es uns erst einmal gelungen, unter den interessierten Blicken der anwesenden Seehundkolonie im Slalom um selbige eine kurze Joggingrunde am Strand einzulegen – eine Erfahrung der besonderen Art.

Das frühe Aufstehen fällt auch nicht ganz so schwer, weil die Nächte in der Regel eher geräuschvoll ablaufen. Entweder das Boot ist in Fahrt, was zu unserem Leidwesen ausschließlich durch Motorkraft erfolgt, weil angeblich das Hauptsegel kaputt ist – ein Schicksal das offenbar alle Segelcatamarane der Region teilen, was darauf schließen lässt, dass man wohl eher zu faul ist, die Segel zu setzen, zumal der Sprit in Ecuador spottbillig ist. Oder wir liegen umgeben von anderen Booten in irgendwelchen Buchten oder – wie jetzt im Haupthafen der Inseln – und es rauschen die Generatoren. Gut, dass wir im Verlaufe unserer bisherigen Reise durch vielfältige Herausforderungen schon etwas Geräusch unempfindlicher geworden sind. Außerdem lässt sich am Strand meistens etwas Schlaf nachholen, soweit die Bootsbelegschaft nicht zum Fussballspielen (ein Ereignis von herausgehobener Wichtigkeit) und in den dafür notwendigen Fanclub abgeordnet wird. So geschehen letzthin auf der Insel Floriana, wo unsere Mannschaft aber leider eine Schlappe erleiden musste (der Sand vor dem gegnerischen Tor war zu tief). Das Nette an dieser Insel ist im Übrigen eine hölzerne Postbox am Strand, in die jeder eine unfrankierte Postkarte einlegen kann, in der Hoffnung, dass irgendjemand die Karte mitnimmt und dem Adressaten persönlich in die Hand drückt. Wir haben natürlich auch eine Karte dort hinterlassen und ca. 200 bereits vorhandene durchgesehen, aber für Berlin war nichts dabei.

 

Heute war der Tag der Riesenschildkröten, die wir zunächst in freier Wildbahn, später im Charles Darwin Research Center aufgespürt und dort auch die Bekanntschaft mit dem berühmten „Lonesome George“ und seiner Geschichte (wir wissen nicht, ob sie wirklich so traurig ist) gemacht. Morgen geht es auf die Inseln Bartolome und Santiago, am Samstag nach Rabida und Sombrero Chino und am Sonntag wieder zurück nach Quito. Möge uns der Seefahrergott bis dahin mit schönem Wetter und ohne Seekrankheit gewogen sein. 

Dienstag, 13.05.2008

 

Die Tour ging mit einem gemeinsamen Cocktail im Sonnenuntergang und der Erzählung mystischer Geschichten über die Inseln zu Ende. Alle waren rundum zufrieden und man tauschte die obligatorischen Adressen aus aller Herren Länder aus, die man doch niemals ansteuern wird. Aber nett waren sie alle, unsere Mitreisenden.

 

An den letzten zwei Tagen des Trips standen nicht mehr die Landbewohner im Vordergrund, auf ausgedehnten Schnorcheltouren waren vielmehr allerlei Meeresbewohner zu bewundern (Fische aller Art, auch Haie und Mantas wurden gesichtet). Um uns herum schwammen Seelöwen und Pinguine und wir konnten den Marineleguanen beim Fressen zu sehen. Das alles bei glasklarem Wasser. Wir haben bisher auf unseren Reisen noch nie ein Fleckchen Erde gesehen, das so wenig von Umweltverschmutzung betroffen war wie die Galapagos Inseln. An Land ist keinerlei Müll zu sehen, es wird auch so gut wie kein Unrat angeschwemmt. Das alles liegt – außer der Tatsache, dass sich wohl keine großen Schifffahrtsrouten in der Nähe befinden -  nur an einem ganz rigiden Naturschutz. Die Anzahl der Hotelbetten ist ebenso limitiert wie die  Plätze auf den Tourbooten. Damit wird gleichzeitig auch die Anzahl der Galapagos-Besucher eingeschränkt. Kein Tourist ist ohne Tourguide (sog. Naturalist) unterwegs, der ihn energisch zur Ordnung ruft, wenn sich der Besucher daneben benimmt und Tiere und Natur stört. Dazu gehört z.B. auch das Verlassen gekennzeichneter Wanderwege und Besucherstandorte auf den Inseln. Natürlich kommt man sich dadurch hin und wieder etwas gegängelt vor, aber es geht wohl nicht anders, will man dieses Naturparadies und die Arglosigkeit der Tiere in ihrer jetzigen Form erhalten.

Die Reglementierungen auf Galapagos setzen aber nicht nur beim Naturschutz an, die Inselbewohner sind auch sehr bestrebt, ihre wirtschaftlichen Interessen zu verteidigen. Galapagos-Reisen sind alles andere als billig, dementsprechend tummeln sich viele wohlhabende Touristen (vorzugsweise Nordamerikaner) dort und lassen viel Geld zurück. Das Einkommen der Inselbewohner ist um ein Vielfaches höher als auf dem ecuadorianischen Festland (allerdings sind auch die Lebenshaltungskosten höher) und so zieht es natürlich viele vom Festland auf die Inseln, wo es mehr zu verdienen gibt. Die insgesamt 25.000 Inselbewohner verteidigen ihre Pfründe aber vehement und haben es durchgesetzt, dass niemand dort eine dauerhafte Aufenthaltserlaubnis und damit auch Arbeitserlaubnis erhält, der nicht bereits fünf Jahre auf den Inseln wohnt, was das Einwandern schier unmöglich macht. Man staunt, dass eine solche Politik innerhalb eines einheitlichen Staates möglich ist, aber letztendlich kommt auch das Eindämmen eines weiteren Bevölkerungsanstieges der Natur der bisher weitgehend unbewohnt gebliebenen Inseln zugute.

 

Zum Schluss der Reise gab es noch ein wenig Unterweisung in der vulkanischen Entstehungsgeschichte der Inseln und noch ein bisschen Evolutionstheorie, und dann ging es am Sonntag zurück nach Quito.